Blumentöpfe
Die Friseuse Zörfuß wusste, dass Bäume, Sträucher und Pflanzen sich nachts bewegten. Aus diesem Grund schlief die Friseuse Zörfuß schlecht und nickte immer nur für wenige Minuten ein. Der große Nussbaum vor dem Haus, den ihr Großvater gepflanzt hatte, als sie sieben Jahre alt war, hatte sich in den letzten Jahren bereits einige Meter vom Haus entfernt. Die Friseuse Zörfuß maß den Abstand zwischen Nussbaum und Hausmauer täglich und trug das Ergebnis in ein Schulheft ein. Doch auch der Bach konnte sich über Nacht einen anderen Weg suchen, Vögel wurden zu Fischen, während Fische an Land gingen und Landtiere sich in die Lüfte erhoben. Selbst die Hände ihres Gatten, die sie vor dem Schlafengehen noch sanft gehalten hatten, konnten sich über Nacht in Hände verwandeln, die der Friseuse Zörfuß brutal den Kehlkopf zudrückten. Wenn die Friseuse Zörfuß aus ihrem kurzen Schlaf aufschreckte, betrachtete sie die Blumentöpfe auf dem Fensterbrett. Und sie fragte sich: »Warum sehen diese Pflanzen plötzlich anders aus?«
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Plötzlich geht das Fenster von selbst auf, und ich sehe mit großem Schrecken, dass auf dem großen Nussbaum vor dem Fenster ein paar weiße Wölfe sitzen.
(Sigmund Freud: Märchenstoffe in Träumen)
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