Hochzeit

Hochzeit

 

Johnson, der neben mir sitzt und im Sand der Meeresbucht nach Münzen sucht, um sein Hotelzimmer bezahlen zu können, erzählt mir von der Hochzeit einer Italienerin und eines Schweizers in Marinella, im Süden von Neapel. Die kirchliche Trauung verlief ohne Zwischenfälle. Das Brautpaar wurde auf der Piazza vor der Kirche mit Reis beworfen, während er, der Fotograf Johnson, der manchmal auch Jackson genannt wird, fotografierte. Danach aber, bei der Hochzeitsfeier, geschah jenes Missgeschick, dem noch heute die Schuld für die frühe Zerrüttung der Ehe des jungen Paars gegeben wird. Ein sehr dicker, mittelalterlicher Mann, der von allen als Onkel, Bruder oder Padrone bezeichnet wurde, anscheinend aber mit niemandem an der langen Hochzeitstafel verwandt war, geriet während des Verzehrs eines Polentagerichts plötzlich auf seinem Stuhl ins Wanken. Er erhob sich kurz, sackte dann aber sofort wieder auf den Stuhl, fiel jedoch mit voller Wucht seitlich auf die Sitzfläche, sodass die Stuhlbeine sich unter enormem Sesselknirschen wie ein Bogen spannten, der Stuhl unter dem Gesäß des Padrone davonschoss und die Glasscheibe des linken Flügels einer Schwingtür zertrümmerte. Mit der Hilfe von fünf anderen Gästen hievte Johnson den Mann hoch und rief, um die Anwesenden zu beruhigen: »He had a moment of imbalance!« – Nun kam die Mutter der Braut zum Tisch, um nach dem Padrone zu sehen und zu fragen, was vorgefallen war. Der dicke Herr saß bereits wieder und gestikulierte, um zu zeigen, dass alles in Ordnung sei. Johnson aber, der vorführen wollte, warum der Stuhl die Glasscheibe eingeschlagen hatte, nahm einen freien Stuhl, der am Tisch stand, erklärte aufgeregt und in amerikanischem Englisch, das die Mutter der Braut nicht verstand, den Hergang und schleuderte zur Demonstration den Stuhl gegen die Schwingtür, sodass dieser nun die Glasscheibe des rechten Türflügels zerschlug. Seither, sagte Jackson, der manchmal auch Johnson genannt wird, sei er in Süditalien nicht mehr gelitten, und für ein Hotel habe er zu wenig Geld, da er an diesem Tag erst fünfzehn Cent im Sand gefunden habe.

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Eine Hochzeit ist überall eine Hochzeit, das heißt, man erzählt eine Menge darüber, obwohl nie etwas Besonderes passiert.

(István Örkeny: Minutennovellen)