Obelisk

Obelisk

 

Bis heute wissen wir nicht, wer der Mann war, der den zwölfjährigen Gustave Flaubert am 30. September 1833 in den Hafen von Rouen begleitete, wo das Transportschiff Luxor, das im Schlepptau der Sphinx bis Le Havre und von dort im Schlepptau der Heva jenen Obelisken, den der ägyptische Vizekönig Muhammad Ali Pascha dem französischen König Louis Philpipe zum Geschenk gemacht hatte, von Luxor nach Paris transportierte, vor Anker lag. Die Luxor hatte am 24. September in Rouen angelegt und konnte wegen des durch eine Hitzewelle verursachten niedrigen Wasserstands der Seine nicht weiter flussaufwärts fahren. Flaubert war von diesem Obelisken fasziniert. Doch sein Begleiter schüttelte nur den Kopf: »Mehr als dreitausend Jahre ist er in Ägypten gestanden. Um den Obelisken auf das Schiff zu verladen, musste ein Kanal ins Landesinnere gegraben werden. Dafür wurden zwei Hügel mit antiken Gräbern und ein ganzes Dorf abgetragen. Und wozu das alles?« Siebzehn Jahre später konnte Flaubert nicht mehr sagen, ob er damals im Hafen von Rouen von einem Mann begleitet worden war oder nur eine Stimme gehört hatte. Man schrieb das Jahr 1850 und Flaubert brach mit dem Fotografen Maxime Du Camp zu einer Reise nach Ägypten auf. Der Obelisk stand inzwischen schon seit mehr als dreizehn Jahren auf der Place de la Concorde in Paris.

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Maxime Du Champ hatte sich seinerseits viele Notizen gemacht, die wir in seinem posthumen, 1972 erschienenen Buch Voyage du Orient finden. Zu seinen Lebzeiten veröffentlichte der 1851 einen literarisch bearbeiteten Reisebericht unter dem Titel Le Nil – eine merkwürdige Darstellung, weil darin das Ich an die Stelle des Wir tritt und Flaubert durch Abwesenheit glänzt.

(Michel Winock: Flaubert)