Nachruf

Nachruf

 

Die falsche Nachricht vom Ableben des ehemaligen Hofopernsängers Sommer ging dem Opernhaus im Sommer 1900 zu, war aber auf einen Irrtum zurückzuführen. Sie musste ebenso widerrufen werden wie die Meldung des Todes von Oberjäger Johann Schratz, Gutsbesitzer in Hinterstein-Hindelang. Infolge Gleichheit des Namens und der Beschäftigung widmete die Morgenausgabe des Grazer Tagblatts am 15. Januar 1906 dem städtischen Schiffsmeister im Ruhestande, Herrn Josef Schmidtbauer, einen Nachruf, der in der Abendausgabe widerrufen werden musste. Gestorben war in Wahrheit der Schiffsmeister und Hausbesitzer Karl Schmidtbauer. Eine angeblich von den behandelnden Ärzten des Krankenhauses Moabit stammende Mitteilung, wonach Reichskanzler a. D. Hermann Müller gestorben sei, konnte auf Nachfrage bei der Leitung des Krankenhauses nicht bestätigt werden. Der Urheber der Mystifikation ist bis heute nicht bekannt. Durch eine weitere ungeklärte Mystifikation entstand im Oktober 1933 die falsche Meldung vom Tod des Wiener Kinderarztes Doktor Knöpfelmacher. Sofort nach der Bekanntmachung begann das Telefon in der Wohnung des Arztes zu klingeln. Zahlreiche Freunde riefen auf das Tiefste bestürzt an, um ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen, doch war Professor Knöpfelmacher persönlich in der Lage, sein Ableben zu dementieren. Eine falsche Todesmeldung wird am besten durch ein nachhaltiges Leben dementiert. So war es 1840 im Fall des Dichters Johann Gabriel Seidl, der als Widerlegung der Nachricht von seinem Ableben das Gedicht Ich bin ein Strom, der sich verflachet abdrucken ließ. Am 18. Juli 1875, also fünfunddreißig Jahre später, verstarb der Textdichter der österreichischen Kaiserhymne wirklich, wobei der zweite Nachruf trotz seiner Korrektheit nicht annähernd die Popularität der falschen Todesmeldung von 1840 erreichen konnte. Der Umstand, dass Falschmeldungen meist populärer werden als richtige, sowie die Gebräuchlichkeit, in den Redaktionen Praktikanten und neu angestellte Reporter zunächst monatelang mit dem Verfassen von Nachrufen auf Prominente, die noch leben, zu befassen, welche dann jederzeit bereitliegen, sind die Gründe dafür, wieso Nachrufe ohne vorherige Vergewisserung des Ablebens sehr schnell zum Abdruck kommen.