Unglücke

Unglücke

 

Den Memoiren von Dr. Blumenthal verdanken wir die Erinnerung an einen Tag, an dem sich in Wintschach im Oktober eines bestimmten Jahres eine Häufung von Unglücken ereignete. Dort soll während der Entgleisung eines Schnellzuges gleichzeitig der Kirchturm eingestürzt, der Musiklehrer Baader an einer Fischvergiftung verstorben, die Tochter des Distriktsarztes Oberndorfer von einem Kirschbaum gefallen und dem Bauern Gloser am helllichten Tag eine Kuh aus dem Kuhstall gestohlen worden sein. Andere Chronisten schreiben diese Darstellung allerdings der Sensationsgier Blumenthals zu und behaupten, Blumenthal habe die Unglücke zum Teil erfunden, zum anderen Teil haben sie sich an ganz anderen Orten ereignet. Ein Zugunglück könne es in der Nähe von Wintschach nicht gegeben haben, da dort keine Bahnstrecke verlaufe. Und im Oktober besteige dort auch niemand einen Kirschbaum, schon gar nicht die Tochter des Distriktsarztes Oberndorfer, der nachweislich kinderlos geblieben war, und der Nachwelt neben der Anleitung zu einer Eigenharnkur eine einschlägige Schrift über den Segen der kinderlosen Existenz hinterlassen hatte.

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Das Gefühl des Kinderlosen: immerfort kommt es auf Dich an ob Du willst oder nicht, jeden Augenblick bis zum Ende, jeden nervenzerrenden Augenblick, immerfort kommt es auf Dich an und ohne Ergebnis. Sisyphus war ein Junggeselle.

(Franz Kafka: Tagebücher)

Das Buch erzählt von zwei Brüdern, von denen später der eine, als er allein nach dem abgängigen zweiten sucht, erblindet; es wird aus der Erzählung nicht ganz klar, durch welches Ereignis der Knabe erblindet; es wird nur mehrmals gesagt, daß ein Kriegszustand herrsche; die näheren Angaben über das Unglück jedoch fehlen, oder er hat sie vergessen.

(Peter Handke: Die Hornissen)