Golddieb

Golddieb

 

Er dachte, sein Leben wäre ein Film und es würde ihm an nichts fehlen. Elf Jahre lang hatte Oswald Maletta, der Schlagzeuger der Band The Melancholic Youth of Jesus, bei seiner Arbeit in einer Goldgießerei den Schwund beim Barrengießen gesammelt, um sich daraus alle sieben Monate selbst einen Goldbarren zu gießen. Hin und wieder verkaufte er einen davon. Und während niemand eine Veränderung seines Lebenswandels feststellte, da Maletta in einer kleinen Gemeindewohnung lebte, Rabattmarken sammelte und beim Aushandeln der Auftritte seiner Band um jeden Schilling feilschte, flog er jedes zweite Wochenende mit seiner Freundin Gerti T. nach Paris zum Essen, Bummeln und Einkaufen. Oder sie flogen nach Amsterdam. Oder nach Hamburg, Athen, New York, Helsinki oder Milfontes an der portugiesischen Westküste. Er dachte sein Leben wäre ein Film, aber was fehlte war eine Kamera, die sein Leben filmte. Nachdem Maletta sich eines Abends mit dem Impresario Stepanek in seiner Wohnung betrunken hatte, begann er von seinen Goldbarren zu erzählen. Als Stepanek ihm nicht glauben wollte, führte Maletta ihn zu einem kleinen Tresor in seinem Schlafzimmer, öffnete ihn und zeigte seine Goldbarren her. Am folgenden Wochenende wurde, während Maletta mit Gerti T. in Barcelona aufhältig war, in Malettas Wohnung eingebrochen, der Tresor im Schlafzimmer aus der Wand gerissen und gestohlen. Maletta erstattete Anzeige und wandte sich an die Presse. Eine Tageszeitung titelte: »Golddieb wurde selbst bestohlen.«